Montag, 27. Januar 2014

Belagerung und Zerstörung des Helfensteins 1552 Teil 3


3. Akt: Die Zerstörung der Burg


Am Ende des überkommenen Chronikmanuskripts steht schlicht und einfach: 'Und wie kaiserl. Majestät für Metz kommen ist, hat man das Haus Helfenstein abgebrochen, im J. 1553 ists geraumet worden.'

Der letzte Satz des Chronisten lautet: 'Und es wäre noch viel darüber zu sagen, daß man nit Alles schreiben kann, aber das ist nur ein Wenig geschrieben zu gedenken.'

Deutlich gibt damit der Verfasser seinem Bedauern über die Geschehnisse Ausdruck. Man sieht ihn geradezu resignierend abwinken, als er die Feder gewissermaßen niedergelegt hatte. Es ging ihm hauptsächlich darum das Andenken an die Ereignisse des Jahres 1552 zu bewahren und weniger darum, sich in weiteren Einzelheiten über den Abriss der Burg zu ergehen. Vielleicht ging ihm die Zerstörung der Burg zu nahe, als dass er diese beschreiben wollte. Viel eher war ihm daran gelegen, die Erinnerung an die Burg zu erhalten, indem er seinem Manuskript eine Beschreibung der Festung Helfenstein und deren Verwaltung beifügte. Es handelt sich dabei um die einzige authentische Beschreibung der Burganlage, wie sie kurz vor ihrer Schleifung bestanden hatte.

Doch zurück zum Schicksal der Burg Helfenstein. Noch während der Belagerung erhielt Bürgermeister Sebastian Besserer vom Ulmer Rat die Weisung, 'wenn das Schloß erobert sei, so solle man dasselbe mit Hakenschützen und ein Dutzend Bauern besetzen, aber nur vorübergehend unter Aufsicht von ein oder zwei Amtleuten; denn es sei vorderhand in Aussicht genommen, keinen militärischen Posten mehr auf das Schloß zu geben. Die Wiederaufrüstung des Schlosses könnte später mehr zum Nachteil sein (durch ähnliche feindliche Einfälle); ferner sei das Schloß durch die Belagerung so arg mitgenommen, daß der Wiederaufbau große Summen benötigen würde'.

Von Ulm abgesandte Sachverständige begutachteten unmittelbar nach der Rückeroberung den Zustand der Festung, ob es geraten wäre, sie auszubessern oder gänzlich zu zerstören. Am stärksten war die Mauerflanke zum Ödenturm hin zerstört, während die nordöstlichen Mauernzüge aufgrund ihrer Stärke weniger beschädigt waren. Bei den Ausgrabungen Burkhardts wurden dort allerdings die meisten Geschützkugeln gefunden. Sie sind im Heimatmuseum ausgestellt.

Weiter wurde damals befunden, das Schloss sei in seinen Wohnräumen sehr bescheiden. Als fürstliche Wohnung eigne es sich nicht mehr. Die Unterhaltung käme durch die entstandenen Unkosten zu teuer.

Am 15. September 1552 wurde im Ulmer Rat mehrheitlich beschlossen, das Schloss abzutragen. Schon am 19. September begann der planmäßige Abbruch. Ein Teil der brauchbaren Steine wurde in Ulm zum Bau eines Kanals der Blau durch die Stadt verwendet, ein anderer wurde zur Verstärkung der Geislinger Stadtbefestigung beim Mühltor gebraucht. Auch die Geislinger werden sich bei dieser Gelegenheit mit Baumaterial versehen haben, ebenfalls die Bauern der Umgebung. Ein kleiner Rest blieb stehen, der 200 Jahre später gesprengt wurde.

So entstand mit der Zeit eine ebene Fläche im ehemaligen Burghof, das 'obere Wiesle'. Alles war überwachsen, und keine Spur zeigte an, dass hier einmal stattliche Bauten gestanden hatten.
 
 
Die Burgruine Helfenstein, kurz nach der Restaurierung der nachgewiesenen Grundmauern, 1938
 
Das Nachspiel
 
 
Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts war der Helfenstein ein stiller Ort geworden, der zum Verweilen einlud. In den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts wurde dort stimmungsvoll mit einem schlichten Holzkreuz als Gefallenenmahnmal den Opfern des ersten Weltkrieges gedacht. Ein aus Fichtenstangen gezimmerter Pavillon lud wie auf dem unteren Wiesle zum Rasten ein und gewährte einen Ausblick auf die Stadt und ihre Umgebung.
 
 
Doch mit Beginn der 30er Jahre hatte die beschauliche Ruhe dort oben zunächst ihr Ende gefunden. Unter der Leitung von Studienprofessor Georg Burkhardt wurden 1932 im Zuge einer Arbeitsbeschaffungsmaßnahme systematische Ausgrabungen durchgeführt, die nicht nur die Grundmauern der gesamten Burganlage ans Tageslicht förderten, sondern auch die damaligen Stadtväter dazu veranlasste, die beiden Mauernzüge der Burg mit ihren Rondellen, den Aussichtsturm anstelle des ehemaligen Pallas und die Zisternen in den beiden Burghöfen wieder zu errichten, so dass zumindest die Ausmaße der ehemaligen Burganlage nachvollziehbar wurden. Diese Restaurierungsarbeiten dauerten bis 1938 an, und die nun weithin erkennbare Festungsruine krönte fortan wieder die Fünftälerstadt.
 
 
Die Ruine Helfenstein trug seither maßgeblich dazu bei, dass Besucher aus weiten Teilen des Landes hierher kamen, um die stattliche Burganlage kennen zu lernen und die herrliche Aussicht über den Talkessel zu genießen.
 
 
Vielfältige Ausgrabungsfunde gelangten in das Museum im Alten Bau Geislingen, wo sie bis heute die Alltagsgeschichte auf der Burg vermitteln. In der Folge dieser Ausgrabung und Rekonstruktion des Helfensteins setzte zugleich eine Welle der Helfensteinerforschung ein, die vieles über die wechselvolle Geschichte des Grafengeschlechts aufdeckte und der Öffentlichkeit zugänglich machte. In erster Linie ist dabei Georg Burkhardt zu nennen, der als Vorsitzender des damaligen Altertumsvereins - heute Kunst- und Geschichtsverein Geislingen - in den 'Geschichtlichen Mitteilungen von Geislingen und Umgebung' und im ersten Band der 'Geschichte der Stadt Geislingen' die wichtigsten Forschungsergebnisse veröffentlichte.
 
 
 

Literatur:

Burkhardt, Georg: Geschichte der Stadt Geislingen, 1963, Bd. 1, S. 88ff.

Hiller, Max: Die Zerstörung des Helfensteins 1552, in: Geschichtliche Mitteilungen von Geislingen und Umgebung, Heft 13, 1952, S. 131ff.
 
 
 
 

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